Schweinegrippe vorbei

November 28, 2009

Ärzte sehen das Ende der ersten großen Schweinegrippe-Welle. „Vermutlich ist die große Infektionswelle schon vorbei.“ Bis zu 4,8 Millionen Deutsche sind aber inzwischen geimpft. Schon jetzt rechnen die Länder damit, auf einem erheblichen Teil der 50 Millionen Impfdosen sitzen zu bleiben.

Es gibt erste Anzeichen, dass der Scheitelpunkt der Schweinegrippe-Welle erreicht  ist. In Bayern, wo die zweite Welle ihren Anlauf nahm, geht die Zahl der Patienten,die wegen akuter Atemwegserkrankungen zum Arzt gehen, schon seit zwei Wochen zurück.

„Das ist ein zarter Trend“, sagt die Sprecherin des Robert Koch-Instituts, Susanne Glasmacher, zum SPIEGEL. Inzwischen scheint sich die Lage aber auchin den nördlichen Ländern zu entspannen. Die pflegerische Leiterin der Notfallambulanz am Altonaer Kinderkrankenhaus in Hamburg, Doris Schrage, sagt: „Vermutlichist die große Infektionswelle schon vorbei.“

Die Ruhe nach dem ersten Sturm genießen auch die Mitarbeiter im hannoverschen Kinderkrankenhaus auf der Bult. „Wir wissen nur noch nicht, ob es das wirklich schon war“, sagt Chefarzt Thorsten Wygold dem SPIEGEL. Der Kinderarzt Heiko Krude am Berliner Virchow-Klinikum glaubt, dass die Mediziner das Seuchengeschehen im Griff haben. „Die Symptome sind weitgehend mild, wir haben keine Knappheit bei Intensivbetten oder Beatmungsgeräten.“

Bis zu 4,8 Millionen Deutsche, darunter Risikogruppen und Mitarbeiter des Gesundheitswesens, sind inzwischen geimpft. Ein Präparat für die dritte Risikogruppe, die Schwangeren, soll in der kommenden Woche zugelassen werden.

An diesem Dienstag wollen die Landesgesundheitsministerien nach SPIEGEL-Informationen beraten, wie dringend sie der gesunden Bevölkerung die Impfspritze empfehlen wollen.

Insbesondere soll es um die Frage von Massenimpfungen in Betriebengehen. Schon jetzt rechnen die Länder damit, auf einem erheblichen Teil der 50 Millionen Impfdosen sitzen zu bleiben.

„Wir wollen jetzt beim Hersteller Glaxo-SmithKline ausloten, ob wir wirklich alle Dosen abnehmen müssen“, sagt ein mit den Vertragsverhandlungen vertrauter Ministerialer dem SPIEGEL.

Zum vollständigen Artikel =>

Quelle: mmnews.de

A (H1N1) teilt nicht gern

November 23, 2009

Wissenschafter haben eine Sorge bezüglich des neuen Pandemie-Virus A (H1N1) etwas entschärfen können: In Tierversuchen mit Frettchen hat sich laut den Forschern gezeigt, dass sich das Virus, der Auslöser der «Schweinegrippe», nicht leicht mit den saisonalen H1N1- und H3N2-Influenzaviren «vermischt». Zur Bildung von «Misch-Viren» kann es kommen, wenn Zellen gleichzeitig mit mehreren Influenzaviren infiziert sind. Dabei kann es passieren, dass aus dem genetischen Material dieser Erreger ein neuartiges Virus zusammengesetzt wird. Ein solches könnte, so die Angst, möglicherweise aggressiver, leichter von Mensch zu Mensch übertragbar oder gegen Tamiflu unempfindlich sein – je nachdem, aus welchen genetischen Bestandteilen der «Eltern»-Viren es besteht und wie diese zusammenwirken.

Wie die Wissenschafter im Internet berichten, infizierten sie für ihre Experimente Frettchen gleichzeitig mit dem neuen Pandemie-Virus und einem der saisonalen Grippe-Erreger. Dann wurde zu den infizierten Tieren je ein zweites, gesundes Frettchen in den Käfig gesetzt; ein drittes war durch ein Gitter von den anderen beiden abgetrennt, hatte also keinen direkten Körperkontakt mit ihnen, konnte sich aber via Tröpfchen anstecken.

Es zeigte sich, dass sich alle Frettchen, die sich an dem experimentell infizierten Tier ansteckten, mit dem Pandemie-Virus infizierten.

Dies, so vermuten die Wissenschafter, weil sich das Pandemie-Virus in den experimentell infizierten Tieren deutlich schneller und stärker vermehrt hatte als das jeweilige saisonale Virus und somit in grösserer Menge vorlag. «Misch-Viren» mit Erbgut vom Pandemie- und vom jeweiligen saisonalen Virus fanden die Forscher keine; auch dies dürfte daran liegen, dass das Pandemie-Virus die saisonalen Viren verdrängt.

Zum vollständigen Artikel =>

Quelle: zeit-fragen.ch

Unabhängige Experten werfen Politikern und Behörden völliges Versagen vor und raten von einer Massenimpfung ab. Die Schweinegrippe bedroht bisher offenbar nur chronisch Kranke.

Das Chaos ist perfekt: Unabhängie Fachleute werfen der Politik völliges Versagen vor. Und eine verunsicherte Öffentlichkeit weiß nicht mehr, was und wem sie eigentlich noch glauben soll. Der Auftakt der Impfaktion gegen den Schweinegrippe-Virus H1N1 ist gründlich schief gelaufen. „Die Impfkampagne war eine echte Kommunikations-Katastrophe“, sagt Nikolaus Frühwein, Präsident der Bayerischen Gesellschaft für Immun-, Tropen- und Impfwesen zur AZ: „Niemand hat sich um eine zentral gesteuerte Information gekümmert.“Noch deutlicher wird der Arzt und Apotheker Wolfgang Becker-Brüser: „Diese Impfaktion ist ein Großversuch. Pandemrix ist ein teurer, ausgesprochen schlecht verträglicher Impfstoff. Wie häufig er schwerwiegende Störwirkungen hervorruft, ist derzeit nicht einschätzbar – alle anderen Beschwichtigungen über eine angeblich gute Verträglichkeit sind wissenschaftlich nicht haltbar.“ Das Fazit des Herausgebers des unabhängigen „arznei-telegramm“: „Die Politik hat sich viel zu früh ohne Not und ohne Kontrolle durch unabhängige Experten vertraglich auf den Impfstoff Pandemrix festgelegt, der zur Bekämpfung der Schweinegrippe unangemessen ist. Dieser Impfstoff hätte vermieden werden können und müssen.“ Für Becker-Brüser hätte es eine gute Alternative gegeben: Jenen Impfstoff ohne Wirkverstärker, der in den USA angewendet wird mit wesentlich weniger Nebenwirkungen und den jetzt auch deutsche Schwangere erhalten sollen.

Auch das Urteil von Wolf-Dieter Ludwig ist eindeutig: „Ich würde meine Kinder und Enkel nicht impfen, wenn sie gesund sind“, sagt der Vorsitzende der unabhängigen Arzneimittelkommisson der Deutschen Ärzteschaft (AKDÄ). „Ich bin kein Impfgegner, sondern nur gegen die Schweinegrippe-Impfung zum jetzigen Zeitpunkt.“ Bisher traten in Deutschland sehr häufig leichte Nebenwirkungen, aber auch einige hundert Fälle von schweren Ereignissen auf, darunter lebensbedrohliche allergische Reaktionen. „Der neue Wirkverstärker könnte deutlich stärkere Nebenwirkungen auslösen und womöglich zu einem Schub bei Patienten mit entzündlichen Erkrankungen wie Gelenkrheuma, Morbus Chron ode Colitis Ulcerosa (Darmkrankheit) führen“, befürchtet Ludwig.

Impfung nur nach individueller Beratung vom Arzt

Für wen ist die Impfung dann überhaupt sinnvoll? Nikolaus Frühwein sagt: „Jeder chronisch Kranke und alle, die solche Personen versorgen, sollten sich impfen lassen. Also keine Massenimpfung, da die Schweinegrippe bisher sehr milde verläuft – sondern nur nach einer Beratung durch den Arzt. Ich würde etwa dem Mann einer schwangeren Frau zur Impfung raten.“

Eine Gefahr bedeutet der H1N1-Virus offenbar hauptsächlich für chronisch Kranke: Auch die letzten beiden Todesopfer in Bayern, zwei Frauen im Alter von 57 und 78 Jahren in Regensburg, litten seit sehr langer Zeit an schwersten Vorerkrankungen. Übrigens: Das pharmakritische und unabhängige „arznei-telegramm“ hat gestern die geheimen Verträge zwischen Bundesregierung, Landesbehörden und der Pharmafirma GlaxoSmithKline über die Bestellung des umstrittenen und sehr teuren Impfstoffes Pandemrix über 500 Millionen Euro öffentlich gemacht und ins Internet gestellt (siehe unten).

Fieber, Kopfweh, Atemnot und eine Gürtelrose

In mehr als zehn Prozent der Fälle rechnen Experten nach der Impfung gegen Schweinegrippe mit Kopfschmerz, Gelenk- und Muskelschmerz, Schwellung, Fieber und grippeähnlichen Symptomen. In noch mehr Fällen mit lokalen Armschmerzen rund um die Einstichstelle. Drei Betroffene berichten in der AZ über ihre Erfahrungen:

Susanne T. (32): „Ich habe mich an einem Freitagabend impfen lassen. 24 Stunden später habe ich stark gefroren, Fieber bekommen, mich total schlapp und abgeschlagen gefühlt. Das hat von Samstagabend bis Sonntagnachmittag gedauert. Dann war es plötzlich wieder weg. Nach 10 Tagen bekam ich Gürtelrose. Diese schmerzhafte Krankheit bricht dann aus, wenn das Immunsystem geschwächt ist. Mein Arzt hält einen Zusammenhang mit der Impfung für möglich. Es ist zeitnah, aber nicht beweisbar. Wenn ich das gewusst hätte, wäre mir eine leicht verlaufene Schweinegrippe lieber gewesen – eine Gürtelrose tut höllisch weh. Jetzt muss ich viele Medikamente nehmen.“

„Zwei Tage außer Gefecht gesetzt“

Christine Brasch (50): „Ich habe mich vor 2 Wochen morgens um 8 Uhr impfen lassen. Ich wollte mich und einen chronisch kranken Angehörigen schützen. Ab mittags um 13 Uhr habe ich mich schlagartig matschig und müde gefühlt – ein bisschen wie angetrunken. In der Nacht kamen Glieder- und Kopfschmerzen dazu. Es war wie bei einer Erkältung, aber ohne Husten und Schnupfen. Das hat zwei Tage angehalten, dann war es genauso schlagartig wieder vorbei. Bekannten, die sich auch haben impfen lassen, ist es ganz genauso gegangen: Sie waren zwei Tage außer Gefecht gesetzt. Man sollte sich also nicht als Team oder als ganze Abteilung in der Arbeit gleichzeitig impfen lassen.“

Oliver T. (21): “ ich habe mich impfen lassen, weil ich als Asthmatiker zu einer Risikogruppe gehöre. Zwei Tage nach der Impfung habe ich plötzlich grippeähnliche Symptome, Atemnot und Husten bekommen. Ich war drei Tage krank – gegen die Atemnot habe ich dann meine Asthma-Medikamente nehmen müssen.“

Dokumentation: Die Pandemrix-Verträge

Aus der Pressemitteilung vom arznei-telegramm: „Des Öfteren erhalten wir Anfragen, die die Bestellung des Pandemieimpfstoffes PANDEMRIX und die Ende 2007 geschlossenen Verträge zwischen Bundesregierung, Landesbehörden und GlaxoSmithKline betreffen. Die Vertragspartner verpflichten sich darin zur Geheimhaltung (a-t 2009; 40: 85-7). Wenn es um die Lieferung von Arzneimitteln geht, die der Gesundheit der Bevölkerung dienen sollen und für die rund 500 Millionen Euro aufgewendet werden, darf es unseres Erachtens jedoch keine Geheimhaltungsklauseln geben, nicht zuletzt auch, um zu verhindern, dass Behörden verschiedener Staaten gegeneinander ausgespielt werden. Auch sollten externe Experten in die Vertragsabwicklung einbezogen werden, um Fehlentwicklungen rechtzeitig erkennen zu können. Dass Risikogruppen wie Schwangere oder Personengruppen wie Patienten mit schwerer Hühnereiweißallergie bei der Planung der Massenimpfung schlichtweg vergessen worden sind und dass mit dem Wirkverstärkerimpfstoff PANDEMRIX ein Impfstoff bestellt worden ist, der wegen seiner schlechten Verträglichkeit zur Vorbeugung der Schweinegrippe unangemessen ist (a-t 2009; 40: 93-5), hätte vermieden werden können und müssen.

Zum vollständigen Artikel:

Quelle: abendzeitung.de

0001Wenn man derzeit mit Wolf-Dieter Ludwig über die Schweinegrippe spricht, reagiert der sonst so besonnene Arzt gereizt. „So viel Unsinn kann man gar nicht entkräften, wie geredet und geschrieben wird“, sagt Ludwig, der nicht nur Chefarzt für Krebsheilkunde ist, sondern auch Vorsitzender der unabhängigen Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft (AKDÄ). Ludwig ist ein Arzt, den man redlich nennen kann. Um der Sache willen geht er auch dahin, wo es manchmal weh tut – ins Fernsehen. Dort trifft er auf Virologen, die sich wichtig tun, weil ihr Fachgebiet plötzlich im Mittelpunkt steht. Deutschland sucht den Super-Experten. Das Problem daran: Keiner kennt Antworten auf die vielen Fragen. Und mancher redet sich für ein bisschen Popularität um Kopf und Kragen.

So ergehen sich manche Virologen in Horrorszenarien von 50 000 Toten in Deutschland. Andere bezeichnen den Impfstoff als sicher, obwohl sie das nicht wissen können – genauso wenig, wie sie wissen können, ob er unsicher ist. „Die Diskussion ist nicht mehr schön“, sagt Ludwig. „In Frankreich und Italien werden nüchtern jeden Tag die Zahlen aufgelistet – wie viele Menschen sind erkrankt, wie viele davon schwer, wie viele leicht. Diese Transparenz fehlt in Deutschland. Und die Indizien, die dagegen sprechen, dass die Schweinegrippe gefährlich ist, werden kaum kommuniziert.“

Zum vollständigen Artkikel =>

Quelle: jetzt.sueddeutsche.de

Der Epidemiologe Tom Jefferson über falsche Prophezeiungen der Grippeexperten, die überschätzte Wirkung der Impfung und den großen Nutzen des Händewaschens.

Jefferson, 55, arbeitet seit 15 Jahren für die Cochrane Collaboration. Mit einem internationalen Team von Wissenschaftlern wertet der Arzt sämtliche veröffentlichte Studien zum Thema Grippe aus. Zuvor war Jefferson, der heute in der Nähe von Rom lebt, zehn Jahre lang Hausarzt bei der britischen Armee.

SPIEGEL: Mr. Jefferson, die Welt lebt in Angst vor der Schweinegrippe. Schon im Herbst, sagen Experten, könnte sich jeder Dritte weltweit mit dem neuen H1N1-Virus infiziert haben. Wie schützen Sie sich und Ihre Familie?

Jefferson: Ich wasche mir die Hände, und zwar möglichst oft – wobei es mir allerdings gar nicht so sehr um die Schweinegrippe geht. Händewaschen ist wahrscheinlich der beste Schutz nicht nur vor einer Ansteckung mit Grippeviren, sondern vor den meisten anderen Atemwegs- und auch Magen-Darm-Infekten.

SPIEGEL: Die Schweinegrippe bereitet Ihnen also keine besondere Sorge?

Jefferson: Es stimmt, dass Influenza-Viren mitunter unberechenbar sind. Eine gewisse Vorsicht ist deshalb geboten. Trotzdem finde ich es verrückt, welche Katastrophen uns Jahr für Jahr von den Grippeexperten vorausgesagt werden. Diese Prophezeiungen werden schlimmer und schlimmer. Dabei ist bislang keine davon jemals eingetroffen. Was zum Beispiel ist aus der Vogelgrippe geworden, an der wir alle sterben sollten? Nichts. Aber diese Leute machen trotzdem immer weiter und weiter mit ihren Vorhersagen. Manchmal kommt es mir vor, als hätten manche geradezu Sehnsucht nach einer Pandemie.

SPIEGEL: Wen meinen Sie? Die Weltgesundheitsorganisation WHO?

Jefferson: Die WHO ebenso wie die Gesundheitsbehörden, die Virologen, die Pharmaindustrie. Um diese Idee, diesen Gedanken von der drohenden Influenza-Pandemie ist im Laufe der Jahre eine ganze Maschinerie aufgebaut worden. Da hängt viel Geld dran, Einfluss, Karrieren, ganze Institutionen! Alles, was es jetzt brauchte, um diese Maschinerie in Gang zu bringen, war ein kleines, mutiertes Virus.

SPIEGEL: Auf Ihrer italienischen Homepage läuft ein „Pandemie-Countdown“, der jedes Jahr am 1. April abläuft. Erfordert die Situation nicht etwas mehr Ernst?

Jefferson: Damit spieße ich nur die falsche Gewissheit auf, die uns vorgegaukelt wird. Wird ein Drittel der Weltbevölkerung die Schweinegrippe kriegen? Das weiß zurzeit niemand. Aber selbst wenn, sehe ich, zumindest derzeit, keinen prinzipiellen Unterschied zu einer normalen Grippewelle. Vielleicht wäre die Schweinegrippe bis heute unbemerkt geblieben, wenn es sich nicht um ein Influenza-, sondern um ein anderes, unbekanntes Virus handeln würde.

SPIEGEL: Hat die WHO verfrüht eine Pandemie ausgerufen?

Jefferson: Finden Sie es nicht bemerkenswert, dass die WHO dafür eigens ihre Pandemie-Definition geändert hat? Das Kriterium, dass es sich dabei um eine Krankheit mit hoher Sterblichkeit handeln muss, wurde einfach gestrichen. Erst dadurch wurde aus der Schweinegrippe eine Pandemie.

Zum vollständigen Artikel =>

Quelle: wissen.spiegel.de

Die Gesellschaft ist unfähig, mit Unsicherheit umzugehen. Dies trifft insbesondere beim Thema Schweinegrippe zu, findet Gerd Antes von der Ständigen Impfkommission.

Ignoranz gegenüber Fakten

Wie ein roter Faden zieht sich die Abneigung gegenüber Zahlen durch Berichte. Ein Grund mag die schlechte Datenlage sein, aber auch vorhandene werden ignoriert. Die gegenwärtig besten stammen von der Südhalbkugel. Erfahrungen und Zahlen des dort fast beendeten Winters geben keinen Anlass für Katastrophenszenarien.

Während die Ignoranz gegenüber Fakten bei der Bild nicht überrascht, ist ein solches Verhalten von Maybrit Illner (ZDF) oder in „Hart aber fair“ (ARD) auffällig. Obwohl beide Redaktionen zuvor auf Daten der Südhalbkugel hingewiesen wurden, gab es zum Impfbeginn auch dort ein weitgehend faktenfreies Palaver. Eine weitere Chance zur Aufklärung wurde vertan. Das setzte sich bei „Hart aber fair“ im „Faktencheck“ zur Klärung offener Fragen fort; dort wurde der faktenfreie Faktencheck kreiert.

Auf der Strecke bleiben die Bürger. Der Wunsch nach Sicherheit wird konterkariert durch Aussagen echter und vermeintlicher Experten, die Irritation verursachen. Falsch wäre aber der Vorwurf, dass Experten nicht mit einer Stimme Sicherheit schaffen.

Das diffuse Bild ist natürliche Folge der objektiven Unsicherheit. Verwerflich ist, dass diese Unsicherheit nicht als solche deklariert wird, sondern durch Ignoranz ein Bild von Sicherheit erzeugt wird, das mit der Realität nichts zu tun hat. Die gesellschaftliche Unfähigkeit, mit Risiken rational umzugehen, ist erschreckend.

Es gibt derzeit keinen Grund zu übertriebener Aufregung. Das Grippegeschehen liegt gegenwärtig im üblichen Bereich, bei aller Tragik der Einzelschicksale. Die Medienpandemie einzudämmen verdient mehr Beachtung. Die verantwortungsvolle Interpretation vollständig und transparent dargestellter Zahlen muss Grundlage individueller wie gesellschaftlicher Entscheidungen sein. Daraus Sicherheit zu erhoffen ist jedoch utopisch. Wir müssen lernen, mit Unsicherheit sicher und rational umzugehen.

Zum vollständigen Artikel =>

Quelle: sueddeutsche.de