Forscher entschlüsseln typisch menschliches Verhaltensmuster

Wer bei seinen Mitmenschen einen guten Ruf genießt, hat in sich meist hart erarbeitet und persönliche Interessen zumindest vorübergehend hintenangestellt. Aus gutem Grund, denn kooperatives Verhalten zahlt sich letztendlich aus. Wie wichtig dieser Wesenszug für den Menschen ist, haben Schweizer Wissenschaftler nun nachgewiesen: Das Bestreben, kooperativ zu handeln und so zu einem guten Ruf zu gelangen, ist sogar im Gehirn verankert, im präfrontalen Cortex, um genau zu sein. Zu dieser Erkenntnis gelangten die Forscher um Daria Knoch von der Universität Basel, nachdem sie Probanden an einem Strategiespiel teilnehmen ließen und bei einigen Teilnehmern den präfrontalen Cortex vorübergehend hemmten. Diese waren nicht mehr in der Lage, auf kurzzeitige Vorteile zu verzichten – obwohl sie sich darüber im Klaren waren, dass ihnen der vorübergehende Verzicht langfristig einen erheblich größeren Vorteil verschafft hätte.

Verhaltensforscher hatten bereits herausgefunden, dass es einen deutlichen Unterschied zwischen dem guten Ruf und dem Charakter eines Menschen geht: Je stärker jemand unter Beobachtung steht, desto eher ist er auf seinen guten Ruf bedacht. Ob jemand tatsächlich selbstlos handelt, zeigt sich nur, wenn er anonym agieren darf. Diese Erkenntnisse machte sich nun die Forscher um Daria Knoch zunutze: Sie wollten den weitgehend unbekannten neurobiologische Hintergrund dieses Verhaltensmusters untersuchen. Da kooperatives Handeln ein hohes Maß an Selbstkontrolle voraussetzt, vermuteten die Wissenschaftler, dass der präfrontale Cortex von elementarer Bedeutung für die notwendigen Entscheidungsprozesse ist: Diese Hirnregion spielt auch bei anderen Prozessen, bei der es um Selbstkontrolle geht, eine wichtige Rolle. Um ihre Vermutung zu überprüfen, ließen die Forscher Probanden zu einen Strategiespiel antreten, bei dem es sowohl auf das eigene Kooperationsvermögen als auch auf das Vertrauen in die Kooperationsbereitschaft des Gegenübers ankam. Bei einigen Teilnehmern hemmten die Forscher mit Hilfe der sogenannten transkraniellen Magnetstimulation vorübergehend den rechten oder den linken präfrontalen Cortex.

In 15 Durchgängen erhielten je zwei Teilnehmer 10 Punkte, die später in Geld eingetauscht werden konnten. Diese Punkte konnten die Teilnehmer nun vermehren, wenn sie einige davon oder alle 10 an ihr Gegenüber abtraten – ohne allerdings zu wissen, ob dieser ihnen ihren Einsatz zurückgeben würde. Der Spielleiter belohnte diesen Vertrauensvorschuss, indem er jeden überwiesenen Punkt vervierfachte: Überwies Teilnehmer A vier Punkte an Teilnehmer B erhielt dieser also insgesamt 16 Punkte. Teilnehmer B konnte sich nun fair verhalten, und die Hälfte des erzielten Gewinns, also 8 Punkte, oder zumindest den Einsatz, also die vier Punkte, an A zurückgeben – oder aber alles für sich behalten.

Der Versuch fand einmal unter anonymen Bedingungen statt. Ein anderes Mal konnte Teilnehmer A sehen, wie B, auf dessen guten Willen er angewiesen war, bei den letzten drei Durchgängen entschieden hatte. Hatte Teilnehmer B die letzten Investoren leer ausgehen lassen, sank die Bereitschaft, ihm Punkte zu überlassen. Ein guter Ruf brachte hier also Vorteile mit sich: Teilte B konsequent den Gewinn mit A, investierte A immer 10 Punkte und beide konnten insgesamt deutlich mehr Punkte ergattert werden. Wenn A immer zehn Punkte investierte, war für B allerdings auch die Versuchung besonders groß, alle Punkte für sich zu behalten: Überwies A an B einen Punkt, musste dieser, wenn sie halbe-halbe machten, nur zwei Punkte zurückgeben. Überwies A an B hingegen 10 Punkte, fielen schon 20 Punkte an. B brauchte also eine besonders große Selbstkontrolle.

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quelle: wissenschaft.de

 

Wer nichts wird, wird virtuell, lautete ein scherzhaftes Sprichwort als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte: Doch heute ist die exzessive Nutzung von Computernetzwerken ganz alltäglich. Einige Forscher warnen bereits vor einer Verschiebung der Nervenbahnen in unserem Gehirn – und zwar zu unserem Nachteil.

Verändert das Leben im digitalen Zeitalter die neuronale Verdrahtung des Gehirns? Diese bisher vor allem von besorgten Eltern gestellte Frage beschäftigt jetzt auch zunehmend die Neurobiologie und Psychologie. Einige Wissenschaftler sind überzeugt, dass der regelmäßige Aufenthalt im Netz die Art und Weise beeinflussen könnte, wie wir lesen, lernen und miteinander umgehen. Beweise für diese These liegen allerdings noch nicht vor.

Wenn das Gehirn mehr Zeit mit der Bedienung technischer Systeme verbringt, so lautet die These des Psychologen Gary Small von der Universität Los Angeles (UCLA), dann geraten grundlegende soziale Fähigkeiten in den Hintergrund – etwa die Fähigkeit, im persönlichen Gespräch den Gesichtsausdruck des Gegenübers zu deuten. Die an der Face-to-Face-Kommunikation beteiligten Nervenleitungen könnten bei ständiger digitaler Beschäftigung schwächer werden, erklärt Small. Die mögliche Folge seien soziale Unbeholfenheit, eine Unfähigkeit zur Deutung nonverbaler Botschaften, Isolierung und nachlassendes Interesse an traditionellen Unterrichtssituationen.

Small vermutet, dass die Wirkung am stärksten bei Personen ist, die jetzt zwischen 20 und 30 Jahre alt sind und die bereits seit ihrer Kindheit mit dem Computer vertraut sind. Der Wissenschaftler nennt sie „digital natives“ (digitale Eingeborene) – im Unterschied zu den „digital immigrants“, die ihre Kindheit und Jugend noch in rein analogen Zusammenhängen verbracht haben und als „digitale Zuwanderer“ erst in einem späteren Lebensabschnitt mit den Möglichkeiten des Computers vertraut geworden sind.

Small hat seine Überlegungen in einem Buch ausgebreitet mit dem Titel „iBrain: Surviving the Technological Alteration of the Modern Mind“. Er räumt ein, dass er keinen eindeutigen Fall kennt, der die These von der verändernden Wirkung digitaler Lebenswelten auf die Struktur der Nervenbahnen im Gehirn beweist.

Smalls Thesen seien „ziemlich interessant und sicherlich provokant“, sagt die Gehirnforscherin Tracey Shors vom Zentrum für Kollaborative Neurowissenschaft an der Rutgers University im US-Staat New Jersey. Andere sind skeptischer. Der Psychologe Robert Kurzban von der University of Pennsylvania sagt, es gebe noch erhebliche Forschungslücken, wenn es um den Einfluss persönlicher Erfahrungen auf die für soziale Interaktion zuständige Hirnpartien gehe.

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Quelle: welt.de